Kurz nach der Präsidentschaftswahl gab es eine kleine gute Nachricht: Die Thomas Mann Villa in Los Angeles wurde gerettet. Das Haus, das in den vierziger Jahren nach den Spezifikationen von Mann gebaut wurde, kam Anfang dieses Jahres auf den Markt und schien abgerissen zu werden, da die Struktur für weniger wertvoll als das Land darunter befunden wurde. Nach langen Verhandlungen kaufte die deutsche Regierung das Anwesen mit dem Gedanken, es als kulturelles Zentrum zu etablieren. Das Haus verdient es, nicht nur zu stehen, weil ein großer Schriftsteller dort lebte, sondern weil es an einen tragischen Moment in der amerikanischen Kulturgeschichte erinnert.
Thomas Mann war keineswegs der einzige mitteleuropäische Emigrant, der während der furchtbaren Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein unbehagliches Déjà-vu-Erlebnis hatte. Mitglieder der intellektuellen Enklave Frankfurter Schule fühlten ebenfalls eine ähnliche Alarmstimmung. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno halfen, eine Studie mit dem Titel “The Authoritarian Personality” zu erstellen, die ein psychologisches und soziologisches Profil des “potenziell faschistischen Individuums” erstellte. Adorno glaubte, dass die größte Gefahr für die amerikanische Demokratie im Massenmedienapparat von Film, Radio und Fernsehen lag. In seiner Sichtweise ist dieses System sogar diktatorisch, selbst wenn keine Diktatur herrscht.
Adorno sah eine Vermischung der Grenze zwischen Realität und Fiktion in den Medien. Jetzt, da ein Geschäftsmann, der zur Reality-TV-Persönlichkeit wurde, zum Präsidenten gewählt wurde, ist Trump so sehr ein Popkultur-Phänomen wie ein politisches. Was Adorno als Auslöschung der Grenze zwischen Kultur und empirischer Realität identifizierte, ist auf Social Media weit verbreitet. Die traditionellen Medien zeigten die gleiche wertfreie Mentalität und pumpten Trump-Geschichten und seine Kundgebungen, weil sie Klicks und hohe Einschaltquoten erhielten. Es gibt viele Arten der Täuschung, die dazu führen, dass Menschen ein politisches Programm unterstützen, das “weitgehend unvereinbar mit ihrem eigenen rationalen Eigeninteresse” ist.
Deutschland erscheint zunehmend als die stärkste verbleibende Bastion der liberalen Demokratie. Während das Vereinigte Königreich im Zuge des Brexits steckt, Frankreich mit einem möglichen Rechtsruck konfrontiert und Italien in Aufruhr ist, widersteht Deutschland politischer und kultureller Regression. Trotzdem rückt die extreme Rechte in Deutschland vor, wie in ganz Europa. Angela Merkels Wiederwahl als Kanzlerin im nächsten Jahr wird mit großer Spannung erwartet. Die letztendliche Angst besteht darin, dass die gegenwärtige antidemokratische Welle selbst für Deutschland zu stark sein könnte.