Akademiker haben viele Mängel, einer davon ist ein Mangel an literarischem Stil. Jahre spezialisierter Forschung und von Fachjargon durchtränkte Schriften nehmen dem durchschnittlichen Professor jegliches Savoir-faire. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie Paul Gottfried, emeritierter Professor fĂĽr Geisteswissenschaften am Elizabethtown College in Pennsylvania. Gottfrieds Artikel und BĂĽcher sind gelehrsam, gut geschrieben und verzweifelt. Diese Qualitäten zeigen sich in seiner neuesten Sammlung “War and Democracy”.
“War and Democracy” besteht aus 25 kurzen Essays und Rezensionen, die zwischen 1975 und der Gegenwart geschrieben wurden. Das Buch ist sowohl eine ausgezeichnete EinfĂĽhrung in Gottfrieds politisches Denken als auch eine EinfĂĽhrung in Themen, die ausfĂĽhrlich in seinen anderen BĂĽchern analysiert werden. Ein gemeinsamer roter Faden, der diese verschiedenen Essays und Rezensionen verbindet, ist, dass die konservative Bewegung in Amerika wirkungslos bleiben wird, solange traditionelle vermittelnde Institutionen wie Familie, Ethnizität, Kirche, Gemeinschaft und Region schwach bleiben und die Regierung weiter wächst.
Gottfrieds politische Ausrichtung war seit seinen Studientagen an der Yale University rechts von der Mitte, aber seine frĂĽhen Schriften und Reflexionen zeigen einen politischen Geist, der von linken intellektuellen Strömungen beeinflusst wurde. In seinem Essay “The Marcuse Factor” gibt Gottfried einen bewegenden Bericht ĂĽber den positiven Eindruck, den Herbert Marcuse als Graduiertenstudent auf ihn gemacht hat. Marcuses eleganter altmodischer Stil beeindruckte den jungen Gottfried nachhaltig.
Das wichtigste war jedoch Marcuses kritische Methode, die einen dauerhaften Einfluss auf Gottfried hatte. Die Annahme der Frankfurter Schule, dass politisches Verhalten durch historischen Kontext und Machtverhältnisse eingeschränkt ist, ist eine Annahme, die er weiterhin unterstĂĽtzt und die er später bei konservativen Autoren wie Edmund Burke, Joseph de Maistre und G.W.F. Hegel gefunden hat. Diese Ansicht informiert eindeutig die Analysen, die in Gottfrieds BĂĽchern “Multiculturalism and the Politics of Guilt” und “After Liberalism” zu finden sind.
Anders als die konservative Kritikmethode in den Werken von Burke ist die von der Frankfurter Schule praktizierte Kritikmethode, und damit auch die von Gottfried, oft stark auf Beschreibung ausgerichtet und häufig kurz auf Vorschläge. Gottfried macht in seinen brillanten Analysen deutlich, dass die Frage, die oft nach dem Lesen aufkommt, lautet: “Was soll nun getan werden, nachdem diese Strukturen analysiert wurden?” Von der symbolischen Bedeutung des MLK-Feiertags abgesehen argumentiert Gottfried, dass King zwar mutig war, sich gegen die Rassentrennung auszusprechen, jedoch fĂĽr die heutige nationale Rolle ungeeignet ist.
Die beiden Essays, auf die ich mich konzentriert habe, spiegeln die Art der Anliegen wider, die Gottfried seit mehr als drei Jahrzehnten beschäftigt haben. Die chronologische Reihenfolge der Essays und Rezensionen ermöglicht es dem Leser, zu sehen, welche Ideen, Persönlichkeiten und BĂĽcher seinen Konservatismus geprägt haben. Obwohl “War and Democracy” ein schmaler Band ist, behandelt er eine Vielzahl von Themen, die aktuell und informativ sind. Von den ethnischen UrsprĂĽngen der neo-konservativen Bewegung ĂĽber die Neigung des Liberalismus zur zentralisierten Verwaltung bis zum Mythos der jĂĽdisch-christlichen “Werte” ist Gottfrieds umfassende Kenntnis der europäischen und amerikanischen intellektuellen Geschichte beeindruckend.