Adorno und Benjamin führten im technologischen Zeitalter eine der reichsten intellektuellen Debatten des 20. Jahrhunderts. In Jonathan Franzens Roman “Die Korrekturen” geht es um einen entehrten Akademiker namens Chip Lambert, der seine Bibliothek mit dialektischen Werken verkaufen will. Nachdem Chip viel Geld für Bücher von Theodor W. Adorno, Jürgen Habermas und anderen ausgegeben hat, stellt er beim Verkauf fest, dass ihr Wert stark gesunken ist. In den neunziger Jahren waren solche kritischen Gedanken unpopulär, aber angesichts aktueller Ereignisse wie wirtschaftliche und Umweltkrisen sowie Überwachung im Internet könnten sie wieder relevant werden.
Die Philosophen, Soziologen und Kritiker der Frankfurter Schule erleben derzeit eine bescheidene Wiederbelebung. Sie werden in Magazinen wie n+1, The Jacobin und The Baffler zitiert, und ihre frühen Warnungen vor dem Einfluss von Unternehmen auf die Demokratie und vor der Kulturindustrie, die Freiheit vorgaukelt, sind wieder aktuell. Der Konflikt zwischen Adorno und Benjamin erreichte seinen Höhepunkt nach Benjamins berühmtem Essay von 1936 über “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit”, in dem er Massenkultur positiv bewertete, wenn sie radikale Politik vorantreibt.
Adorno und Horkheimer sahen Popkultur als Instrument der ökonomischen und politischen Kontrolle, während Benjamin darin ein Potenzial für Widerstand erkannte. Die Zugehörigkeit zur Frankfurter Schule war kein einheitlicher Block, sie bestand aus verschiedenen Denkern, die sich in ihren Ansichten zu Popkultur und traditionellen Formen der Kultur oft unterschieden. Adornos und Benjamins Ansichten unterscheiden sich, wobei Adorno klassische Formen der Kultur beschützte, während Benjamin in ihnen Spuren von Leiden und Barbarei sah.
Die Lebensgeschichten von Benjamin und Adorno zeigen das Auseinanderbrechen der europäischen Bourgeoisie. Benjamin war in Berlin in eine wohlhabende Familie geboren, während Adornos Kindheit in Frankfurt ähnlich privilegiert verlief. Benjamin war komplizierter und bohemischer als Adorno, der sich als akademischer und musikalischer Virtuose etablierte. Die Frankfurter Schule hatte eine grundlegende Abneigung gegen geschlossene philosophische Systeme und war sowohl dem Kommunismus als auch dem bürgerlichen Denken skeptisch gegenüber. Ihre kritische Haltung gegenüber totalitären Regimen wie dem Nationalsozialismus war geprägt von der Erkenntnis, dass der totalitäre Geist überall lauert, selbst in westlichen Gesellschaften.